Design & Praxis, Bildbearbeitung
11.06.2019
Mit JPEG oder RAW fotografieren?
Kameras schreiben standardmässig Daten, die JPEG (oder JPG) heissen. Wie bei Photoshop gibts verschiedene Kompressionsstufen, die Datenverluste beinhalten. Das fotografische Rohformat heisst RAW – lernen Sie dessen Vorteile nutzen.
Um RAW (engl. «roh») zu beschreiben, wird oft das digitale Negativ bemüht. Da steckten unbearbeitet alle Bildinformationen drin, während JPEG dem Papierbildabzug entsprechen würde. Dieser Vergleich ist unsinnig, er wird dem Potenzial von RAW nie und nimmer gerecht. Um eine andere Metapher zu bemühen: RAW ist die Rohmilch aus dem Euter der Kuh – daraus lassen sich viele Milchprodukte herstellen: Halbrahm, Vollrahm, pasteurisierte Milch, Joghurt, Käse usw. Im Regal stellt JPEG gerade mal ein einziges Produkt dar: Joghurt. Und aus Joghurt lässt sich nun mal kein Käse rückgewinnen, es ist ein Endprodukt.
Fototechnisch gesehen, gelangt Licht durch die Optik der Kamera auf den lichtempfindlichen Sensor. Dieser verwandelt die Helligkeit und Farbigkeit in ein digitales Signal, bestehend aus den drei Kanälen RGB. Bei JPEG wendet die Kamera mit der ihr eigenen Software automatisch fotografische Parameter wie Weissabgleich, Kontrast, Helligkeit, Sättigung, Schärfen und Farbeinstellungen an und korrigiert damit die RAW-Daten des Sensors. Zudem wird die Datei komprimiert, um sie klein zu halten. Die Kompressionsraten von JPEG werden bei Nikon als FINE, NORM und BASIC bezeichnet, bei Canon heissen sie L, M und S. Die Kompression führt zu Datenverlusten, die in den hellsten und dunkelsten Tönen am augenfälligsten sind. Komprimieren heisst nichts anderes, als auf intelligente Art Pixel wegzusparen (Abb. rechts). Ein weggerechneter Pixel ist unwiederbringlich verloren. Die Kamerahersteller entscheiden aufgrund von Erfahrungswerten, wie dieses Wegsparen funktioniert, welche Töne betroffen sind und welche nicht. Das mag Vorteile haben, aber weg ist weg.
Beim RAW-Format verhält sich der Datenfluss in der Kamera anders. Es wird vielenorts berichtet, dass die Daten als Rohmaterial, das heisst unverarbeitet, auf die Karte geschrieben werden. Das ist nur bedingt richtig, da die Kamerahersteller auch beim RAW-Format eingreifen, um Kamera- Eigenheiten zu korrigieren. RAW selbst wird ja nicht offengelegt, jede Aussage darüber bleibt Spekulation. Auch RAWDaten können verlustfrei, mit geringen Verlusten oder gar nicht komprimiert werden. Trotzdem: RAW zeichnet viel mehr Details auf als JPEG, das auf 8 Bit Datentiefe limitiert ist. Bei RAW kann 10 Bit, 12 Bit oder mehr eingestellt werden. 10 Bit enthält in jedem Kanal viermal so viele Helligkeitsstufen wie 8 Bit. Zudem entscheidet der Anwender in hohem Mass selbst, was er auf dem Bild haben möchte und was nicht.
Ein typisches Problem der Digitalfotografie ist der Dynamikumfang eines Bildes, das vom hellsten Weiss bis zum tiefsten Schwarz alles enthält. Entweder hält die Kamera die hellen Bildpartien offen, dann schmieren die dunkelsten Stellen zu und zeigen keine Abstufungen mehr. Oder umgekehrt zeigen sich Himmel oder Wolken weiss ausgefressen und enthalten keine Zeichnung mehr. Bei JPEG sind solche Unzulänglichkeiten mehr oder weniger hinzunehmen. RAW ist «fehlertoleranter », da können diese Fehler problemlos korrigiert werden.
Von der Optik auf die Karte
Die vier fotografischen Parameter Blende, Verschlusszeit, Fokus und ISO werden durch die digitale Verarbeitung nicht beeinflusst.
Mit RAW allein kann man nun gar nichts anfangen, denn alle Outputsysteme wie Internet oder Druck verarbeiFotografie ten keine Rohdaten sondern PSD, TIFF oder eben JPEG. Das heisst: Auch bei RAW läuft es letztlich darauf hinaus, die Bilder zu optimieren, nur macht es vor allem der Anwender manuell und nicht automatisch die Kamera.
Die Rohdaten werden über einen RAW-Converter, der in Photoshop, Lightroom oder Photoshop Elements an Bord ist, aufbereitet. Es existieren auch andere RAW-Converter. Sie haben die Aufgabe, das Rohbild zu entwickeln und zu dem Produkt zu verarbeiten, das man will. Diese als «Entwicklung» bezeichnete Bearbeitung von RAWDaten (s. Kasten rechts) ist gleichzusetzen mit einer nichtdestruktiven Bildbearbeitung in Photoshop. Es wird einfach eine «Korrekturebene» über die Originaldatei gelegt, die erhalten bleibt. Es können verschiedene Kopien gezogen und für andere Zwecke bearbeitet werden.
Augenfällige Bildoptimierungen
Die Praxis schaut meistens etwas anders aus, als die Theorie verspricht. Ich schätze am RAW-Konverter extrem, dass ich Strukturen in den ausgefressenen Lichtern wieder hervorzaubern kann, ebenso die Tiefenstruktur. Weiter kann ich durch die Anhebung des Mittenkontrastes die Bilder knackiger halten, die Sättigung (pro Farbe separat) einstellen und die Perspektive begradigen. Zum Beispiel kissenförmige Objektivfehler bereinigen. Um einen Vergleich anzustellen, habe ich die Kameraeinstellung RAW+JPEG (FINE) gewählt. Somit werden beide Dateitypen gleichzeitig auf die SDKarte geschrieben. Der gewaltige Vorteil von RAW kommt jetzt zum Vorschein. Auch wenn RAW-Daten etwas düster aussehen: mit Leichtigkeit werden auch bei tiefschwarzen Stellen die Tiefen aufgehellt, dass Strukturen unterscheidbar werden, wo bei JPEG nur blanke Schwärze vorhanden ist. Natürlich kann man auch JPEG mit Lightroom und Co. korrigieren, aber die erreichbare Qualität ist bei RAW eklatant besser. Nicht nur ein bisschen, eklatant!
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Quelle / Autor: Ralf Turtschi
Thema: Design & Praxis
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